bembel-on-tour.de
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....aus der knabschen Weihnachts-Wohnwerkstatt

Es ist nicht so,dass wir nichts anderes zu tun hätten. Wir wissen, jedes andere Paar würde mit Freunden auf den Weihnachtsmarkt gehen, Geschenke einkaufen, Briefe schreiben oder Plätzchen backen……  

 

Nicht bei uns, denn unser entferntes Ziel ist eine Auszeit mit den Motorrädern in Afrika. So entschließen wir uns bei neblig-trübem und ungemütlich-kühlem Wetter, der winterlichen Depression zu entfliehen und an unseren beiden BMW G650X Challenge zu schrauben, den Motorschutz montieren, Steckdosen anbauen … 

 

Der Schrauberplatz im Keller beschränkt sich allerdings auf wenig Platz neben den bikes. Kurz überlegt und diskutiert, wir schieben unsere Kleinen durch Hof und Garten, hinein in den warmen Wohnraum.

Wohin aber mit den Zangen und Imbussschlüsseln, Schrauben, WD40 und Zubehörteilen? Ich staune, wieviel Gelärsch doch zum Umbau benötigt wird. Unser Wohn-Essbereich verwandelt sich langsam in eine Werkstatt erster Klasse mit Fußbodenheizung, TV und Glühwein. Der Esstisch mutiert zur Werkbank, der Adventskranz findet neben den Schraubenschlüsseln auch noch Beachtung. Zur gemeinsamen Mahlzeit wird das Werkzeug einfach auf die Seite geschoben.

In der Tat, es wird demontiert, geschraubt, geklebt, Schrauben die sich einfach nicht lösen, werden ausgebohrt und neu gesetzt, Einführungen für Buchsen mit dem Dremel vergrößert, Benzinleitungen ausgetauscht, weil diese mit der Halterung für den großen Tank kollidieren. Ja ja , frau lernt ne ganze Menge, wie mann mit Raffinesse, Tricks und Fingerspitzengefühl sein Ziel erreicht …!

 

Ob ich das auch kann, fragt sich frau? Bisher habe ich in der Vorweihnachtszeit eher die Wohnung dekoriert und Plätzchen gebacken. Nun entwickele ich mehr Zutrauen in mein handwerkliches Geschick als Zweiradmechanikerin und denke, was mann kann, kann frau auch! Und nehme am 3. Advent mein Lebenswerk in die Hand. Nein, hier sind nicht die Scheidungspapiere gemeint, sondern der Einbau eines wunderschön glänzenden, nagelneuen Auspuffs!

 

Zu allererst muss ich jedoch gestehen, dass wir uns am Vorabend die Kante gegeben haben, geschieht nicht oft, war diesmal aber echt nötig. Vom morgendlichen auf-dem-Sofa-Hangover aus gesehen, liegt der Auspuff dann einfach sooo verführerisch da. Jedes Mal, wenn ich die Augen öffnen kann, wetteifert er mit dem Adventskranz in seiner schlichten Schönheit - so frei nach dem Motto: Jetzt montier mich doch endlich!

 

Ich krieche also unter der Decke hervor, meine noch müden Lebensgeister brauchen unbedingt erst mal einen Kaffee. Mit der Tasse in der Hand sehe ich mir die Einzelteile von meinem neuen Schmuckstück in Ruhe an. Montieren kann nicht so schwierig sein, denke ich und voller Tatendrang nehme ich als erstes das KAT-Verbindungsrohr in die Hand. Mit Schmierfett lässt es sich wunderbar in den Krümmer drehen. Stolz über den 1. Schritt, der so easy war, erzähle ich meinem Männe, was ich vor habe zu tun. Er brummelt nur so vor sich hin (auch bei ihm zeichnen sich Spuren vom Vorabend ab), und verabschiedet sich zu einem mittäglichen auf-dem-Sofa-Hangover. Sekunden später sind nur noch die dazu gehörenden schnorchelnden Atemlaute zu hören.

Voller Motivation, ohne dass mir jemand über die Schulter schaut (abgesehen vom schmollenden Adventskranz), lege ich weiter Hand an und ziehe aus der Verpackung eine runde schmale Befestigung. Mist, die Schelle befestigt ja den Kat am Krümmer. Ok alles wieder abgebaut, Schelle drüber gezogen, Kat wieder aufgesteckt und tja Routine kann ich bei mir noch nicht feststellen – Schelle ist falsch rum eingesetzt. Beim nächsten Mal klappt dann alles und es sitzt wie es sein muss.

  

Wie auf einem Silbertablett liegend, nehme ich nun den Auspuff aus seiner Schutzhülle, trage ihn wie ein kostbares Gut zum Motorrad und drehe ihn mit voller Kraft in das Verbindungsrohr. Ich betrachte mein fast vollendetes Werk voller Stolz und das ohne fremde Hilfe! Jetzt nur noch die Schönheit am Rahmen befestigen und fertig bin ich! Hinter mir schnarcht es immer noch in leisen tiefen Tönen – wenn er aufwacht, bin ich längst fertig.

Als letztes Teil sehe ich mir den Befestigungswinkel vom Auspuff zum Rahmen an. Irgendetwas stimmt nicht. Der Auspuff steht viel zu steil, um ihn am Mopped zu montieren. Ich ruckel an dem Ding, kann ihn max 1cm tiefer in Stellung bringen – doch leider ist er immer noch zu hoch! Vielleicht habe ich doch etwas übersehen. Alles wieder abbauen, das gleiche Spiel von vorn, sorgfältig alles wieder montiert. Das Ergebnis ist immer noch zu hoch! Ich schimpfe vor mich hin und fange langsam an zu zweifeln, schaue mir alles noch mal genau an. Dabei kommt mir die Idee, doch bei der zweiten Maschine zu schauen. Sie hat ja schließlich den gleichen Auspuff. Im Keller mache ich Fotos vom Einbau, sehe mir die Serien-Nummer an und wechsel wieder rüber in die Luxuswerkstatt. Schließlich erwacht mein mittäglich-auf-dem-Sofa-Hangover von meinem lauter werdenden Gefluche. Ich kann immer noch nicht erkennen, was ich falsch gemacht haben sollte. Frei nach dem täglich grüßendem Murmeltier wird alles wieder abgebaut, das gleiche Spiel von vorn, sorgfältig alles wieder montieren. Das Ergebnis ist ….. immer noch zu hoch! Tief durchatmen, drei Kerzen anzünden, schließlich ist heute dritter Advent! Und weiter geht es…

Im Keller sehe ich mir den Befestigungswinkel beim zweiten Mopped näher an und endlich sehe ich, warum ich das letzte Puzzleteil nicht verbinden kann: Die Aufnahmen für den Befestigungswinkel sind an meinem Auspuff zu hoch (und somit auch die Verbindung zum Rahmen). Ich hasse Stückwerk und ich hatte mir so schön ausgemalt, heute fertig zu werden und mein Meisterstück abzuschließen. Nun, das Telefonat mit der Herstellerfirma am nächsten Tag ergibt, dass dieses Problem bekannt sei. Sie schicken uns einen passenderen Winkel zu, den wir ein wenig umarbeiten könnten. Damit sei das Problem beseitigt- meinten sie!

 

Die Wartezeit bis zum Eintreffen des Ersatzteiles nutzen wir mit der weiteren weihnachtlichen Gestaltung unserer Wohnung. Irgendwie hat es schon den Eindruck, dass sich unsere Patientin zunehmend wohl fühlt im Wohnzimmer.

 

Der Winkel kommt und wir sehen sofort, dass mit „wenig“ untertrieben wurde. Aber Schraubererfahrung und Erfindungstalent sind nicht zu ersetzen. So bekommt der Winkel ein neues Loch, die obere Kante wird abgefräst und das Ganze anstatt am Rahmen an der Aufnahme des Gepäckträgers montiert. Noch ein bisschen schwarze Farbe aufgepinselt und geschafft. Glücklich und zufrieden umkreise ich mein weißes Pausbäckchen! Endlich sieht es wieder wie ein Motorrad aus und nicht wie ein zerrupftes Huhn.

Auch wenn ich nicht bis zum Ende alleine geschraubt habe, so bin ich trotzdem stolz auf mein Werk, meine neu erworbenen Schrauberkenntnisse und auf die Erfahrung , dass Moppedbasteln im Wohnzimmer am Adventssonntag mindestens soviel Spaß macht wie Plätzchenbacken.

 

Gruß Birgit